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2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Zum Einjährigen: Peter Sauer besucht Alexandra Dorndorf im Polizeipräsidium am Friesenring

SICHERHEIT FIRST

Wir brauchen Sie schnell“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul am Telefon während einer Autofahrt von Burgsteinfurt nach Gievenbeck. Alexandra Dorndorf reagierte prompt. Seit einem Jahr ist sie Polizeipräsidentin von Münster. Und sie hat viel vor. Unser Mitarbeiter Peter Sauer unterhielt sich mit ihr in ihrem Dienstzimmer am Friesenring. Auch darüber, dass sie schon in ihrer Jugend ein Verbrechen mit hat aufklären können.

Wie lange haben Sie in ihrem Geburtsort Horstmar gelebt?


Bis das Jura-Referendariat anfing, denn während des Studiums war es mit der Finanzierung einer Wohnung schwierig. Ich habe mein Studium damit finanziert, dass ich in einer Bäckerei in Horstmar gearbeitet habe.


Gab es in Ihrer Jugend ein polizei-affines Erlebnis?


Wir hatten einen Kindergeburtstag in der Eishalle Münster, da war ich 13 oder 14. Bei einer Schlittschuhpause haben meine Freundinnen und ich draußen zwei Männer beobachtet, wie sie ein Auto aufgebrochen haben. Dann haben wir die Polizei angerufen. So wurde der Kindergeburtstag viel länger, weil die Polizei uns als Zeugen vernommen hatte und ein paar Wochen später haben wir geschlossen mit unseren Eltern einen Ausflug ins Amtsgericht Münster gemacht und dort ausgesagt. Danach gab es ein großes Eis. Der Gerichtsprozess hat mich nachhaltig beeindruckt. Das war spannend.


Kamen Sie schon mal mit dem Gesetz in Konflikt?


Seitdem ich Auto fahren darf, habe ich das ein oder andere Foto eingesammelt. Gerade wenn man länger auf Autobahnen unterwegs ist, kann das schon mal passieren.


Warum sind Sie Juristin geworden?


Mein Vater, der Steuerfahnder war, hat immer spaßig gesagt, ich solle erstmal Jura studieren. Das habe ich dann auch getan. Nicht, weil er das sagte, sondern weil ich mich immer schon sehr für Gerechtigkeit, unsere Verfassung und Demokratie interessiert habe. Auch Gerichtsfilme der 1990er-Jahre wie „Die Jury“ oder „Die Zwölf Geschworenen“ haben dazu beigetragen. Bei der Bezirksregierung Köln habe ich in den Bereichen ‚Personal‘, ‚IT‘ und ‚Organisation‘ gearbeitet und gemerkt, dass Verwaltung nicht so dröge ist, wie das von außen scheint. Man kann sehr viel gestalten.


Da hätten Sie ja auch bleiben können.


Ja, hätte ich. Als unser Sohn 2004 geboren wurde, entschieden mein Mann und ich, dass wir wieder zurück in die Heimat gehen. Das war eine gute Entscheidung. Wir sind 2005 nach Gievenbeck gezogen. Zehn Jahre habe ich bei der Bezirksregierung Münster gearbeitet, 2016 übernahm ich bei der Dortmunder Polizei die Verwaltungsabteilung.


Warum gaben Sie diesen Job auf?


Ich wurde in Dortmund 2018 stellvertretende Polizeipräsidentin. Da war viel los; das war sehr spannend und ich habe das sehr gerne gemacht. Aus familiären Gründen habe ich mich 2020 dann aber beurlauben lassen. Das war keine leichte, aber bewusste Entscheidung, da ich bei der Pflege von erkrankten Angehörigen helfen wollte. Beruflich volles Risiko; es hat der Familie sehr gut getan.


Im Frühjahr 2021 wurden sie Kreisdirektorin in Steinfurt, doch nach einem weiteren Jahr wurden Sie Polizeipräsidentin von Münster. Wie kam das?


Auf dem Rückweg von Steinfurt nach Gievenbeck klingelte während der Autofahrt mein Telefon. Innenminister Herbert Reul fragte mich: „Wie sieht es aus, können Sie sich vorstellen, zurück in die Polizei zu kommen und wenn ja, wir brauchen Sie schnell.“ Ich sagte zu.


Was kannten Sie von Münster, bevor Sie hier Polizeipräsidentin wurden?


Ich kenne Münster von klein auf. Vom Einkaufen, von den Ausflügen in den Zoo, ins Planetarium, in den Mühlenhof, von den Kneipen im Kuhviertel. Die besten Partys in der Studentenzeit gab es immer im GoGo und in der Clubschiene. Ich war auch regelmäßig auf den Juwi- und Wiwi-Partys.

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Zwischen Steinfurt und Gievenbeck, rief Herbert Reul an

Hatten Sie damals schon Kontakt mit der Polizei?


Während des Referendariats wohnte ich in Münster. Da wurde mir mein Rad geklaut. Die Polizei rief mich an, dass es sein könnte, dass man es wiedergefunden hat. Darüber hatte ich mich schon beinahe geärgert, weil mein Studentenrad schon ziemlich alt war und ich über die Versicherung ein neues Rad aussuchen konnte. (Schmunzeln). Ich beschrieb dem Polizisten mein Rad: kaputter Sattel, Licht funktioniert nicht, der Lenker schief. Er sagte, dass es dann nicht mein Rad sein könnte. Aber ich durfte es mir noch angucken. Und: Es war doch mein Rad! Der Dieb war so nett und hatte es vollständig repariert. Der hatte mit meinem Rad offenbar was vor.


Sie sind die erste weibliche Polizeipräsidentin in Münster. Wie verlief der Start?


Die Frage „Frau oder Mann?“ hat für meinen Start, der gut lief, keine Rolle gespielt. Man lernt viele Menschen innerhalb und außerhalb der Behörde kennen, die man ohne diese Funktion nicht kennenlernen dürfte; das ist ein schönes Geschenk. Es ist schön, wenn man in der eigenen Heimatstadt einen Beitrag zur Sicherheit der Menschen leisten kann. Wir haben eine tolle Mannschaft, die extrem gut als Team in den Einsätzen agiert. Ich bin nach einem Jahr als Polizeipräsidentin gut angekommen. Die Zusammenarbeit mit dem OB, der Stadt, den Gerichten und anderen Institutionen wie der IHK und der Uni verläuft sehr gut.


Hubert Wimber, einer Ihrer Vorgänger, wollte schon damals Cannabis legalisieren. Jetzt wird es wohl Realität. Wie stehen Sie dazu?


Ich stehe dem skeptisch gegenüber. Ich hätte gut verstanden, wenn man es für den medizinischen Gebrauch legalisiert. Die Freigabe für alle sehe ich eher skeptisch. Auch Mediziner sind in Sorge. Auch weil wir es mit einem Cannabis zu tun haben, dass einen deutlich höheren THC-Gehalt hat als noch zu früheren Zeiten. Mit einem höheren Suchtpotenzial, einem frühen Cannabiskonsum und dem Krankheitsbild der paranoiden Schizophrenie. Ich habe Sorge, dass uns dieses Krankheitsbild häufiger begegnen könnte.


Was ist das Wichtigste, das Sie sich als Polizeipräsidentin vorgenommen haben?


Das Vertrauen in den Staat hat in den letzten Jahren an einigen Stellen gelitten. Ich würde gerne einen Beitrag dazu leisten, dass die Menschen Vertrauen in ihre Polizei und den Staat haben. Das bedeutet, wir müssen unsere Arbeit gut erklären können, viel Transparenz bewirken und erkennen, wo den Münsteranern der Schuh drückt. Das subjektive Sicherheitsgefühl ist dabei enorm wichtig.


Wie wichtig ist es, dass die Polizei mehr Präsenz zeigt, etwa in der Bahnhofsgegend?


Wir haben in der Bahnhofsgegend unser gesamtes Werkzeug ausgepackt – in enger Abstimmung mit Stadt, Anwohnern, Geschäftsleuten, Betreibern der Parkhäuser und anderen. Wir haben die Präsenz verstärkt, Razzien durchgeführt, wir waren mit verdeckten Maßnahmen unterwegs, wir haben am Von-Vincke-Park mit der Stadt Bänke abgebaut, für mehr Beleuchtung gesorgt, wir begleiten den Umbau des Bremer Platzes, sind mit INDRO im Gespräch. Wir passen unsere Maßnahmen der jeweiligen Lage an. Und wir sehen, dass wir eine Menge Haftbefehle hinbekommen; das spricht sich auch in der Szene rum. Auch konzipieren wir mit dem Kommunalen Ordnungsdienst die Lärmstreife. Dabei geht es um Ruhestörungen rund um die Partyszene: Hawerkamp, Hafen, Kuhviertel.


Ihre beiden Vorgänger waren sehr kurz im Amt. Setzen Sie auf Konstanz?


Ein ganz klares Ja. Ehrlich gesagt: Ich habe keinen Veränderungsbedarf. Mir macht meine Arbeit als Polizeipräsidentin sehr viel Spaß.


Sind Sie eine Hardlinerin?


Das hängt ganz stark vom Thema ab. Kindesmissbrauch, Geldautomatensprengung, Werte und Demokratieverständnis – bei vielen Themen ist eine klare Haltung und Konsequenz wichtig. Das macht einen nicht zur Hardlinerin, sondern zur Führungskraft mit Konsequenz. Das verschafft den Menschen auch Klarheit. Egal in welcher Führungsposition. Bei anderen Themen finde ich Maß und Mitte wichtig sowie Augenmaß.


Die Polizei in Münster war den Klimaklebern bislang immer einen Schritt voraus und konnte ein Verkehrschaos verhindern. Was haben ihre Polizisten, was Hamburg oder Berlin nicht haben? Einen guten Instinkt, einen guten Riecher oder gute Informanten?


(Lacht): Am besten alles. Das stimmt. Wir haben einen guten Umgang mit dem Thema gefunden. Wir waren immer schnell am Ort und konnten die Situation schnell lösen. Das hat auch was mit der Ansprache zu tun. Die Kollegen haben einen guten Draht zu den Klimaaktivisten gefunden, dass man für ihr grundsätzliches Anliegen auch Verständnis aufbringt. Aber wir sind uns bei der Polizei Münster auch alle einig, dass nicht jedes Mittel recht ist, um ein Ziel durchzusetzen. Da sind wir sehr konsequent.

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Die Menschen sollen Vertrauen zur Polizei haben

Wie sicher ist Münster?


Sehr sicher. Die meisten Straftaten spielen sich nur auf einer kleinen Fläche der Stadt ab, rund um Bahnhof und City. Wenn Bürger aus den Stadtteilen uns ihre Sorgen mitteilen, dann nehmen wir das auch ernst, um ihnen das Sicherheitsgefühl vor Ort zurückzugeben, etwa mit erhöhter Präsenz.


Fahren Sie E-Bike?


Ich fahre normales Fahrrad. Wir haben zwei Kinder. Wenn wir mit denen Radtouren machen wollen und sie müssen in die Pedale treten und Mama schaltet einen Gang höher, dann passt das nicht so ganz.


Auch da sind für Sie Gerechtigkeit und Fairness wichtig.


Ja, genau.


Warum wohnen Sie seit 2005 in Gievenbeck?


Das war eher ein Zufall. Wir mussten zügig etwas finden und fanden erst ein Haus zur Miete und dann einen Bauplatz. Wir schätzen den Stadtteil sehr.


Was machen Sie in Ihrer Freizeit?


Alexandra Dorndorf: Freunde und Familie treffen, Radfahren, Gartenarbeit, Doppelkopf spielen und mediterran kochen.


Wie halten Sie sich fit?


Alexandra Dorndorf: Ich versuche, jeden Tag mindestens 20 bis 30 Minuten spazieren zu gehen. Für mehr reicht es aktuell leider nicht…


Wohin geht es in den nächsten Urlaub?


Wir fahren mit der Familie nach San Francisco.


Wegen der Krimiserie „Die Straßen von San Francisco“?


Nein, der Plan meines Mannes und meines Sohnes ist es, einmal den Highway Nr. 1 am Pazifik rauf- und runterzufahren.

Alexandra Dorndorf
Sie wurde 1973 in Horstmar geboren, ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt seit 2005 in Gievenbeck. Ihre berufliche Karriere startete sie nach dem zweiten juristischen Staatsexamen 2001 bei der Bezirksregierung Köln als Dezernentin, u. a. für Personal- und Organisationsangelegenheiten. 2006 wechselte sie zur Bezirksregierung Münster, war dort als Dezernentin für die Kommunal- und Finanzaufsicht sowie als Hauptdezernentin für die Schulaufsicht verantwortlich. 2016 übernahm sie die Leitung der Verwaltungsabteilung beim Polizeipräsidium Dortmund, ab 2018 zudem die Stellvertretung des Polizeipräsidenten. 2021 wurde sie zur Kreisdirektorin im Kreis Steinfurt gewählt. Seit Mai 2022 leitet sie das Polizeipräsidium Münster.

llustration Thorsten Kambach / Fotos Armin Zedler

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