Peter Sauer spricht mit David Kebekus über Kindheitserinnerungen, Reifeprozesse, Dschungelcamp und die Lust am Kickern
DIE GROßE SCHWESTER ALS BESTE FREUNDIN
Um nichts geringeres als die Geschwister-Ehre kämpfen die beiden Comedians Carolin und David Kebekus seit 29. August in ihrer neuen Pro7-Show: „Wir gegen die! Die Kebekus Geschwister Show“. Am 15. September tritt David Kebekus mit seinem 2. Soloprogramm „Überragend“ im kap.8 in Kinderhaus auf. Mit gebürtigen Münsteranern spielt er Fußball, kann ein wenig Masematte und war sogar schon im Kanal schwimmen. Grund genug, sich mit ihm zu unterhalten.
Wo erreiche ich Dich gerade?
Ich bin in Kalifornien, in Palos Verdes.
Machst Du Urlaub?
Da muss ich etwas ausholen. Während meines Studiums an der Kölner Kunsthochschule für Medien Film sollte ich ein Auslandssemester in den USA bekommen – mit der Möglichkeit, das The Second City-Theatre besuchen zu können, von dem die ganzen legendären Comedians der „Saturday Night Live“-Show stammen.
Das wäre für mich so etwas wie ein Lottogewinn gewesen.
Warum kam es dann nicht dazu?
Es gab in den USA zu der Zeit eine Krise auf dem Finanzmarkt. Plötzlich wurde überall eingespart und ausländischen Studenten wurde erstmal grundsätzlich abgesagt. Da ich danach meinen Diplomfilm machen musste und ich die Filmschule in Köln abgeschlossen hatte, war keine Zeit mehr für ein Auslandsemester. In den vergangenen zehn Jahren dachte ich dann oft, irgendwie muss ich in die USA, mein entgangenes Auslandssemester nachholen. Ich hatte mir dann diesen Sommer dafür freigehalten. Ich bin dann für einen Monat nach Südkalifornien.
Welchen Ausblick hast Du?
Ich schaue auf einen schönen Garten mit Trampolin und Barbecue, durch den gerade eine Katze und eine Schildkröte laufen.
Warum bist Du anfangs nicht unter deinem richtigen Nachnamen aufgetreten?
Die ersten zwei oder drei Auftritte bin ich schon unter David Kebekus aufgetreten. Dann gab es eine Anfrage einer TV-Comedyshow. Die konnten mich unmöglich auf der Bühne gesehen haben. Ich war mir sicher, dass sie mich nur wegen meines Nachnamens angefragt hatten. Das hat mich aufgeregt. Außerdem: Wenn ich mit „Kebekus” anmoderiert wurde, gab es damals schon mal Getuschel im Publikum und ich hatte das Gefühl, ich muss mich zu meinem Nachnamen äußern. Ich wollte aber, dass das Publikum unvoreingenommen ist und nur mein Material bewertet.
Wie hast Du das Problem gelöst?
Ein Freund empfahl mir, nur einen Teil von Kebekus zu nehmen. So nannte ich mich David Kebe.
Und wie kam das an?
Das war ganz dienlich in dem Moment. Ich konnte mich ganz neutral dem Publikum vorstellen.
Also ohne, dass Dich jemand auf deine Schwester Carolin ansprach?
Genau. Es gab keine Fragen und auch keine Vergleiche mehr. Ich wurde ganz unvoreingenommen auf der Bühne wahrgenommen.
Das tat gut. So bin ich acht Jahre als David Kebe aufgetreten.
Und dann wurdest Du wieder zu David Kebekus?
Mein erster Agent empfahl mir, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen war. Ich sei authentisch. Ich sei ehrlich. Seine Empfehlung war, jetzt mit der Routine und einem fertigen Programm wieder auf den echten Namen zu wechseln. Das tat ich. In 16 Uni-Hörsälen in NRW bin ich erstmals wieder mit echtem Namen bei der „1Live Hörsaal Comedy“ aufgetreten. Vor vielen Menschen.
Und wenn Dich einer auf Deine Schwester hin anmoderierte?
Das war mir dann egal. Ich war mittlerweile so routiniert auf der Bühne, dass mir das nichts mehr ausmachte.
Das war also eine Art Reifeprozess?
Im Nachhinein war es genau richtig. So konnte ich mich in Ruhe selbst entwickeln. Dann kommt man automatisch dahin.
Gibt es neben Carolin noch andere Geschwister?
Wir sind nur zu zweit, es gibt zumindest niemanden, von dem ich weiß.
Was ist Dein schönstes Kindheitserlebnis?
Carolin und ich haben für unseren Podcastes viel recherchiert. Jeden Sommer fuhr unsere Familie in die Bretagne. 15 Jahre lang. Immer vier Wochen am Stück. Immer in den gleichen Ort, sogar in die gleiche Straße, meist mit zwei, drei anderen Familien, die auch jedes Jahr da waren. Dort hatten wir eine zweite Urlaubsheimat: Felsen, Strand, Fußball, Campingplatz. Das war sehr schön.
Was ist Dein schlimmstes Kindheitserlebnis?
Als Carolin auszog. Sie hatte in unserem Einfamilienhaus unterm Dach zwei Kinderzimmer für sich. Da war ich immer willkommen. Ich bin vier Jahre jünger. Ich bin immer hoch zu Carolin, wenn ich nicht pennen konnte, eine Frage hatte, mir langweilig war, oder wenn es in der Schule nicht so lief. Doch dann machte Carolin schon mit 19 ein Praktikum im TV und konnte dort Fuß fassen, verdiente früh Geld und zog mit 20 plötzlich aus. Das war zu früh für mich.
David Kebekus schätzt das Publikum in Münster sehr.
Waren Deine Eltern traurig über ihren Auszug?
Carolin dachte, sie wären traurig.
Aber?
Ne, die waren nicht traurig, sondern ganz praktisch veranlagt. Eines von Carolins Zimmern bekam ich, das andere meine Mutter für ihre Malerei.
Haben Caroline und Du sich oft gestritten?
So gut wie nie. Höchstens mal um die Fernbedienung. Wir waren Fernsehkinder. Wir haben alles geguckt. Am liebsten Cartoons und Wrestling.
Wrestling?
Ja. Mittwochsabend waren unsere Eltern immer auf einer Abendveranstaltung. Und so guckten wir heimlich Fernsehen. Wrestling ging ziemlich genau bis zu dem Moment, als unsere Eltern wieder nach Hause kamen. Deswegen mussten wir bis zur letzten Sekunde die Kämpfe gucken. Sobald wir das Auto auf der Auffahrt hörten, machten wir den Fernseher aus und stellten uns schlafend. Mein Vater hat mich dann immer ins Bett getragen. Was für ein Service. Ich fand das damals so krass, wie leicht wir unsere Eltern veräppeln konnten. Durch die Podcast-Recherche haben wir dann erfahren, dass die Eltern das Flimmern des Fernsehers durch das Schlafzimmerfenster gesehen haben, bevor sie auf der Auffahrt waren. Also immer wussten, dass wir eine Charade aufführen. Sie haben mitgespielt und waren nie sauer, dass wir zu lange aufbleiben. Das beeindruckt mich noch heute.
Warst Du schon als Kind komisch?
Zumindest habe ich in der der Abizeitung den Stempel „Der Lustigste“ bekommen und wurde mit Sprüchen zitiert, wie: Die Lehrerin sagte zu uns: „Ich habe heute zwei Gedichte zur Analyse mitgebracht.“ Meine Antwort darauf: „Wir haben leider nichts für Sie!“
Du hast auch bei der „Heute-Show” Regie gemacht. Sicherlich keine einfache Sache, oder?
Geht. Ich habe Reportertakes gemacht, etwa mit Ralf Kabelka. Die einzelnen Einspieler. War nicht so schwierig. Die ganze Heute-Show ist gut eingegroovt.
Und warum bist Du nicht mehr dabei?
Die wollten, dass ich fest einsteige und jede Woche für sie drehe. In der Newswelt muss man flexibel sein und bei einem großen Thema sofort reagieren. Aber ich hatte Termine für meine Auftritte. Die Bühne war mir wichtiger.
Jetzt machst Du mit Deiner Schwester einen Podcast zusammen. Wer kam auf die Idee?
Die Idee kam während der Pandemie auf. Da war ich einmal bei Carolin in der Sendung. Wir haben ein Spiel zusammen gespielt; das kam total gut bei den Zuschauern an. Zudem wurde ich öfter gefragt, wie ist das „mit so einer Person als Schwester“.
Was macht ihr dort?
Wir erzählen im Podcast in jeder Folge ein Jahr aus unserem Leben. Ich weiß etwa noch, dass ich Carolin bei einer Autofahrt mit den Eltern gefragt habe: „Wie werden Babys gemacht?“ Carolin hat mir das erklärt. Ich konnte es einfach nicht glauben. Deshalb habe ich unseren Papa am Steuer gefragt: „Stimmt das?“ Und er hat mir über den Rückspiegel bestätigt: „Ja, sie hat recht.“
Was ist Deine schönste Podcast-Geschichte?
An Heiligabend bekam ich von Carolin mal eine selbst aufgenommene Kassette mit Gute- Nacht-Geschichten geschenkt. Carolin hatte die Geschichten selbst eingesprochen und auch das Cover selbst gemacht. Ich weiß noch, dass es eine überspielte Musikkassette war; das hatte total viel Charme. Ein anderes tolles Geschenk von ihr war ein selbstgemaltes Bilderbuch, in dem unsere Kuscheltiere die Hauptfiguren waren.
Zur Vorbereitung auf den Podcast habt Ihr alte Videos angeschaut. Gab es da peinliche Szenen?
Mein Vater hatte die Angewohnheit, uns im Schlaf zu fotografieren und zu filmen.
Und wie habt ihr da ausgesehen?
Wir lagen da immer wie angeschossene Eichhörnchen im Bett.
Gibt es ein besonderes Erinnerungsstück aus Deiner Kindheit?
Ich hatte ein braunes T-Shirt mit Schriftzug. Das war mein Lieblingsshirt. Wenn es in der Wäsche war, rechnete ich mir aus, wann es wohl wieder frisch gewaschen im Schrank liegen würde. Aber ich kalkulierte manchmal falsch. So habe ich das T-Shirt einige Male wieder aus der Wäsche geholt und gebügelt, ohne dass es gewaschen wurde. Da war ich zwischen 12 und 13 Jahre alt. Damals hatte man nur ein bis zwei T-Shirts, die den Stempel „cool“ trugen.
Im Fernsehen und auf den Kulturbühnen sehr gefragt: David Kebekus
Was schätzt Du an Carolin am meisten?
Carolin weiß zu 100 Prozent, was sie kann, was sie machen möchte und was sie dafür braucht. Ihre Entscheidungen wirken immer smart und richtig. Und was ich sehr schätze, ist, dass ich mir auch immer einen guten Rat bei ihr abholen kann.
Ich habe Dich im Januar auf RTL gesehen, nach dem Dschungelcamp in „Die Stunde danach“. Ich hatte den Eindruck, dass Du Dich dort nicht wirklich wohl gefühlt hast, oder irre ich mich?
Es war auf jeden Fall sehr speziell. Die haben mich angefragt, was mich schon sehr gewundert hat. Ich sagte ja, aber auch, dass es klar sein muss, dass ich kein großer Fan des Dschungelcamps bin. Ich fand auch die Gäste-Konstellation interessant. Ich hatte die Sendung vorher nicht gesehen. Das jemand kritisch darauf schaut, fand ich vom Konzept her spannend. Und es war mal interessant, in diese Welt einzutauchen. Es war witzig, aber es stimmt: Ich habe mich dort nur in Teilen wohlgefühlt; ich bin da einfach nicht zuhause.
Könntest Du Dir vorstellen, auch mal beim Dschungelcamp mitzumachen?
Eher nicht.
Was hast du für Träume in der Welt der Unterhaltung?
Außerhalb von Stand-up würde ich gerne für eine animierte Serie arbeiten, weil da gefühlt alles möglich ist. Ansonsten würde ich auch gerne auf English auftreten. Vielleicht auf einem internationalen Comedy Festival.
Was machst Du in Deiner Freizeit?
Wenn ich Urlaub mache, besuche ich gerne Orte, wo ich dem europäischen Winter entkommen kann. Und im Alltag spiele ich regelmäßig Fußball.
In welcher Position?
Ich bin im defensiven Mittelfeld zuhause, die Position die Bayern München am meisten sucht. Wir kicken einmal die Woche auf einem Kleinfeld. Ich klettere und surfe auch gerne. Heute morgen hatte ich einen dicken Muskelkater, weil ich gestern in einer wahnsinnig großen Kletterhalle in L.A. rumgekraxelt bin.
Du trittst am 15. September im kap.8 auf. Wie gut kennst Du Münster?
Ich kenne Münster, weil ich auch mal mit meiner Fußballmannschaft dort gespielt habe. Viele Ex-Münsteraner in unserer Mannschaft sind damals von Münster zum Sportstudium nach Köln gekommen. Sind alle – durch die Bank – feine Kerle. Ich habe in Münster auch ein bisschen die dortige Sprache gelernt.
Masematte also...
„Leeze“ ist Fahrrad und „Pötten in Kanello“ ist in den Kanal hüpfen und eine Dose Bier aufmachen.
Und das hast Du auch gemacht?
Natürlich. Ich war auch schon mal im kap.8 in Kinderhaus.
Welche Erinnerung hast Du?
Dass man im Kinderhaus vom Backstagebereich der Bühne in ein Schwimmbad gucken kann. Münster gehört zu den Städten, in denen das Publikum gut mitgeht.
Und was machst Du heute noch in Kalifornien so?
Ich gucke mir den Nationalpark an und treffe noch einen guten alten Bekannten. Mal schauen, vielleicht gehe ich auch noch surfen.
David Kebekus
Er wurde 1984 geboren und lebt in Köln. Am 15. September (Freitag) tritt er mit seinem Programm „überragend“ im kap.8 im Bürgerhaus Kinderhaus auf. Karten gibt es bei eventim. Die TV-Sendung „Wir gegen die! Die Kebekus Geschwister Show“ startete am 29. August um 20.15 Uhr auf ProSieben. David und seine Schwester Carolin Kebekus, Jahrgang 1980, treten als Team gegen prominente Herausforderer an. Die Geschwister machen auch einen Audible-Original-Podcast zusammen. Bislang sind 39 Folgen unter dem Titel „Kebekus – was warum wie war“ abrufbar.
llustration Thorsten Kambach / Fotos Marvin Ruppert und Joscha Seehausen