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2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Ekki Kurz und Thorsten Kambach über lange Songs, spontane Hits und den Mückenstichorden

ICH KOMPONIERE IN ECHTZEIT

Auf Spotify kaum hörbar, auf YouTube bald fünfstellig – Ekki Kurz bleibt entspannt. Seine Songs schreibt er nicht selbst, improvisiert dafür meisterhaft. Sein nächster Hit? „Scheiß die Wand an“. Sein größter Erfolg? Ein Karnevalsorden für 40 Jahre Rock’n’Roll. Im Interview spricht er über späte Solo-Karrieren, den Charme langer Songs und warum es auf Juist einfacher ist, Brüste zu signieren, als ins Radio zu kommen.

Guten Morgen, lieber Ekki.


Guten Morgen, Thorsten.


Ekki, du bist bei Spotify einer der am wenigsten gefragten Künstler – wie viele Fans hast du aktuell?


Lass mich lügen: Ich meine, es sind um die drei, vier Abonnenten. Man verliert da ja leicht den Überblick. Aber bei Spotify gucke ich fast nie drauf.


Wo guckst du denn drauf?


YouTube. Da ist mehr los. Mein aktueller Song „Hafenfreiheit“ wird diese Woche die magische Zahl von 10.000 Hörern überschreiten. Das ist ein ordentlicher Erfolg, also läuft. Meine Musik funktioniert mit einem Video aber auch einfach generell besser und das kann ich bei Spotify nicht umsetzen. Von daher ist für mich klar: Ich bleibe bei YouTube.


Du bist ein alter Hase, wie lange machst du Musik?


Seit über dreißig Jahren.


Mehr!


Fast vierzig Jahre, okay.


Du bist doch sechzig …


Und angefangen habe ich mit sechs Jahren in der Kirche. 


Also machst du seit 54 Jahren Musik. 


Im Prinzip ja, kommerziell aber erst seit vierzig. Ich bin trotzdem ein altes Eisen.


Seit einer Weile veröffenlichst du endlich eigene Songs. Wie viele sind es schon, wann kommt das erste Album?


Oh, davon bin ich noch eine ganze Weile entfernt. Zurzeit sind es erst sechs Stücke, denen es zu lauschen gilt. Wenn ich 18 habe, kommt das Album, der Longplayer. Aber damit lasse ich mir noch Zeit. 


Produzierst du das alles alleine?


(Lacht) Nein, nein, die Songs produziere ich mit Siggi Mertens, der übrigens auch die Lieder komponiert. 


Du schreibst deine Songs nicht selber?


Stimmt.


Finde ich nicht schlimm, das ist bei großen Sängern üblich, damit stehst du in einer Linie mit Frank Sinatra und Elvis.


Eigentlich eher in einer Reihe mit Elton John, denn ich schreibe die Texte. Aber ich mache deutlich mehr als Elton, ich kümmere mich um die Produktion unserer Videos, gemeinsam mit Michi – die übrigens die talentierteste Kamerafrau ist, die ich kenne. Also: Die Songs sind von Siggi, die Texte, die Videos, die Vermarktung und alles andere von mir. 


Du stimmst mir zu, dass die Komposition wichtig ist bei einem Song?


Absolut. 


Warum ist dann Siggi heute nicht auch hier?


Weil du Siggi nicht dabei haben wolltest. 


Stimmt, aber da wusste ich ja nicht, dass Siggi hinter der Musik steckt.


Hättest du dich ordentlich vorbereitet, hättest du das gewusst. Aber gut, nicht alle sind so organisiert, wie ich es erwarte. 


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Der „Schrei“ verkaufte sich für satte 91 Millionen Euro

Ekki, warum schreibst du deine Songs nicht selber, fehlt dir das Talent?


Nee, ich bin kein Komponist, in keiner Weise. 


In deinen Liedern tauchen immer mal wieder Mundharmonikas auf – schreibt Siggi dafür etwa vorher eine Partitur für dich?


Die Teile mit der Mundharmonika sind von mir rein improvisiert, das mache ich selber. Ich komponiere sozusagen in Echtzeit – ich bereite meine Improvisationen ja nicht vor. Die kommen einfach so raus aus mir. Siggi stellt mir quasi das Grundgerüst hin, das ich dann mit meinem Spiel dekoriere. 


Ist Siggi begeistert von dir als Sänger?


Ja, wir harmonieren total, es gibt nie Stress, wir sind immer einer Meinung. 


Wann ist euer erster Auftritt?


Bei 18 Stücken. Dann haben wir so viele, dass ich es der Crowd präsentieren kann.


Schade.


Wieso schade?


Wenn ich bedenke, wie lange ihr schon für die ersten sechs Stück gebraucht habt! Wie lange habt ihr für die ersten sechs Songs gebraucht?


Wir machen das jetzt zusammen fast zwei Jahre.


Dann dürfen wir uns also auf den Release in vier Jahren freuen. 


Ja, zieht sich etwas, aber liegt auch daran, dass ich mit meinen anderen Bands einfach stark gebucht und viel unterwegs bin.


Du meinst Starlight Excess …


Starlight Family, Starlight Excess und Middle Excess.


Wie heißt denn dein aktuelles Projekt, wie lautet der Bandname?


Da gibt es noch keinen Namen. Momentan läuft alles unter Ekki Kurz, aber es erklärt natürlich detailliert, dass Siggi auch dabei ist. Siggi ist extrem wichtig. Aber falls du einen Vorschlag für einen Namen für unsere Band hast – für Vorschläge sind wir immer offen …


Hmmm, lass mal überlegen … Wie wäre es mit „Ekki and the Firebirds“? Oder soll es ein deutscher Bandname sein?


Wenn, dann Deutsch.


Also gefällt dir „Ekki and the Firebirds“ nicht?


Nein, ich möchte mich nicht so in den Vordergrund drängeln. 


Oder „Ekki und die Feuervögel“?


„Ekki and the Firewall“.


Du wolltest aber doch einen deutschen Namen.


Ach ja. Dann „Ekki und die Brandmauer“ … Das würde auch aktuell ganz gut zu mir passen. Oder besser ohne Artikel, einfach „Brandmauer“.


Hat was von Kraftwerk.


Ich würde mich aber gerne lieber von den Lesern inspirieren lassen.


Wie wäre es mit euren Initialen, wie Abba?


EKSM.


Klingt eher nach Knochenmarkspende. Ich bin aber dann doch eher bei „Ekki and the Firebirds“. Wer ist dafür?


Ich bin halb dafür. 


Diese 18 Songs, von denen inzwischen sechs rausgekommen sind, handeln die alle von Liebe und Verlustängsten?


Hmm, nee. Eher vom realen Leben.


Wessen Leben, wer lebt denn so?


Das sind fiktive Personen. Die haben keine autobiografischen Kennzeichen. 


Ich meinte auch nicht, wer lebt denn konkret so wie die Protagonisten in deinen Werken, sondern, was sind das für Menschen, die so ein Leben führen müssen?


Nochmal: Es sind erfundene Geschichten! 


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Es sind immer erfundene Geschichten

Die Texte in deinen Songs klingen aber schon arg nach dir, so nach dem verschlissenen Mann mit Krombacher im Gepäck und Tabak in der Hosentasche …


… der den Alkohol drangegeben hat und nur noch raucht. 


(Lacht) Aber es ist nicht autobiografisch. 


(Lacht)


Hast du deine sechs Lieder schon live gespielt?


Ja: „Lisa“. Auf der Maiwoche in Osna. Ich auf der Bühne, 5000 Leute davor – die fanden‘s geil. Das hat mich mega gefreut. Ich muss nämlich sagen, ich fühle mich auf dem Cover-Sektor natürlich viel sicherer. Ich meine, da macht mir keiner was vor, dabei bin ich dann auch die Rampensau. Aber wenn ich mit meinen eigenen, doch eher gefühlvollen Songs da stehe, bin ich nervös. Wie ein normaler Mensch im Prinzip. Und das bin ich im Grunde ja auch, und davon handeln meine Songs. 


Du warst letztens schon in der Presse. 


Das war aber nicht wegen meiner Musik. Der Artikel kam raus, weil ich einen Orden bekam für vierzig Jahre Rock’n’Roll. 


Wer vergibt Orden für Rock-Musik?


Der Karnevalsclub Coerde. 


Klar.


Den Mückenstichorden – die höchste Auszeichnung, die man kriegen kann. Und die Laudatio wurde von Simone Schehka, ihres Zeichens Zoodirektorin, gehalten. 


Die hat vermutlich die nötige Fachkompetenz.


Sie hat eine Laudatio auf mich gehalten, nicht auf Rockmusik im Allgemeinen! Und sie hat das super gemacht. Zwischendurch musste ich weggucken, habe feuchte Augen bekommen. Und versucht, irgendwelche Mosaike in Fenstern zu zählen, damit man mir meine starken Gefühle nicht ansieht. 


Musstest du eigentlich schon oft Autogramme geben?


Ja, in den Anfangszeiten war es extrem. Nach jedem Auftritt passierte es. Ich kam von der Bühne, bereit, die Welt zu umarmen. Ich konnte nachher meinen eigenen Namen nicht mehr sehen, es war einfach zu viel. 


Auch, wenn du einfach so durch die Stadt gingst?


Nein, das hatte ich nur auf Juist. Da wurde ich häufig angesprochen. Ein Mal musste ich sogar auf einer weiblichen Brust unterschreiben. Tja, ich weiß noch, das war mit einem Edding …


Ekki?



Wo kann man dich in Münster bald mal erleben?


Voraussichtlich auf dem Hammer Straßenfest, mit der großen Band, Starlight Family.


Gibt es dann was von Ekki und die Feuervögel?


Bin nicht sicher, darüber quatschen wir in der Band noch. 


Deine eigenen Songs sind eher melancholisch … Hast du auch so ein Mitsinglied, zu dem man tanzen kann?


Ich mache gerade eins. Das hat schon einen Titel, wo jeder mitsingt. Es heißt „Scheiß die Wand an“. 


Würdest du gerne mit deinen eigenen Songs weltberühmt werden, so mit Grammy und Privatjet?


Ich bin ja über 27. Das heißt, mein Tod wird nicht verfrüht eintreffen, also ja. Aber im Ernst, ich würde gerne den Fuß ins Radio kriegen. Doch das sieht schlecht aus, ich bin ja sehr oldschool, keiner meiner Songs läuft unter vier Minuten, eher fünf. Das ist für das Radio einfach zu lang. Aber ich weigere mich, irgendwelche Stücke zu machen, die zweieinhalb Minuten gehen. Da kann ich meine Storys nicht vermitteln, das ist in der Zeit nicht möglich. 


Das geht auch nicht, Ekki. Mit diesen Worten möchte ich schließen und sagen, ich freue mich sehr auf „Scheiß die Wand an“ – und wer eine Hörprobe möchte: 




https://open.spotify.com/intl-de/artist/5Ee2yRzzIEZhxhpFOtJ0nt 


Ekki Kurz

Ekki Kurz aus Münster ist ein echtes Multitalent: Sänger, Mundharmonikaspieler, Perkussionist, Pädagoge und – wenn’s sein muss – auch mal Redakteur. Auf YouTube entertaint er tausende Fans, auf Spotify bleibt’s eher kuschelig. Nebenbei sorgt er im Stadtgeflüster Interviewmagazin für kluge Fragen und im pädagogischen Gruppendienst der Westfalenfleiß GmbH für gute Laune. Außerdem ist er stolzer Träger des Mückenstichordens – die höchste Rock’n’Roll-Auszeichnung, die ein Karnevalsverein zu vergeben hat. Wer Ekki live erleben will, muss entweder auf das Hammer Straßenfest gehen oder sich auf Juist eine Edding-Signatur abholen.

Siggi Mertens ist das musikalische Rückgrat von Ekki Kurz. Als Songwriter und Produzent sorgt er für die Kompositionen, während Ekki mit Texten, Performance und Improvisation das Werk vervollständigt. Seit fast vier Jahrzehnten in der Musikszene aktiv, hat Siggi für zahlreiche Bands komponiert und dabei ein Gespür für eingängige Melodien entwickelt. In der Zusammenarbeit mit Ekki entstehen Stücke, die das echte Leben widerspiegeln – mit einer Mischung aus Tiefgang, Humor und musikalischer Finesse.

lllustration Thorsten Kambach / Fotos Armin Zedler

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