Peter Sauer spricht mit Leni Wichmann und Eva Elpers über die Faszination des Eisbadens
ZWEI MINUTEN IM EISIGEN KANAL
Leni Wichmann, Eva Elpers und Laura Purschke engagieren sich für die Kinderkrebshilfe. So ist das Eisbaden im Kanal am Benno-Haus entstanden. Dieses findet im November zum vierten Mal statt. Noch bei spätsommerlichen Temperaturen unterhielt sich Peter Sauer mit Leni und Eva über das Wintervergnügen, die gesundheitlichen und mentalen Vorteile und warum das Eisbaden generationsübergreifend immer mehr Menschen ins kalte Wasser lockt.
Hallo Leni, hallo Eva. Schön, euch hier am Benno-Haus zu treffen. Noch können wir uns am Kanal sonnen. Im November findet dann hier wieder euer Eisbaden statt. Wer kam auf die Idee?
L: Ich kam auf die Idee. Wir haben hier schon eine Gruppe, die im Dortmund-Ems-Kanal in Münster seit ein paar Jahren privat Eisbaden geht.
Aber dann wurde es ja öffentlicher. Was war der Auslöser?
L: Ich habe eine Bekannte aus Rostock getroffen. In Rostock gibt es das Eisbaden zugunsten von sozialen Projekten schon seit vier Jahren, dort gehen die Eisbademeisters im Winter für die gute Sache ins Wasser. Ich veranstalte auch die 24 h Promenade Münster, da geht es um Fahrradfahren für einen guten Zweck. Und da dachte ich mir, dass unser Eisbaden sich doch mit einer guten Sache verbinden ließe und wir so auch im Winter etwas tun könnten!
Ein guter Plan. Ich war beim Eisbaden bisher nicht dabei, deshalb meine Frage: Was ist denn eigentlich das Besondere am Eisbaden?
EVA ELPERS: Das Vorher-Nachher Gefühl.
Das heißt?
E: Also vorher kommt Adrenalin, ist wie ein natürlicher „Drogencocktail“ und nach dem Eisbaden ist man voller Serotonin. Man ist komplett glücklich und kann stolz auf sich sein. Und mit den Menschen, die man da trifft, hat man eine direkte Verbindung, als hätte man etwas Größeres zusammen erlebt, obwohl man ja nur zwei Minuten gemeinsam im eiskalten Wasser war.
Ganz doof gefragt, ist das nicht zu kalt?
L: Ne! Am kältesten war bei 0,6 Grad, ich privat für mich bei 0,2 Grad Wassertemperatur.
Leni, kannst du dich noch an dein erstes Mal erinnern?
L: Meine Füße waren schon durchgefroren, bevor ich im Wasser war.
E: Ja, die Füße sind immer am schlimmsten.
Ach Füße, ich hatte gedacht Unterleib oder Rücken ...
E: Ja, es sind die Füße, weil: Der Körper zentralisiert ja, das ganze Blut fließt ja zum Herzen und die Extremitäten „sterben“ als Erstes ab, sozusagen.
Also der Längste friert dann am meisten?
EVA und LENI lachen
Und, Leni, da du etwas kleiner bist als Eva, frierst du am wenigsten?
L: Haha, weiß ich nicht, müsste man mal untersuchen.
Seit Februar ist auch eine Sauna dabei. Wie kam es dazu?
L: Eva hat Walter Reckel aus Dülmen angefragt.
E: Walter war mit seiner mobilen Sauna (https://mobilsauna.de/) sofort Feuer und Flamme. Er hat die Sauna befeuert, Aufgüsse gemacht und war selbst neunmal Eisbaden und hat einen Rekord aufgestellt. Ein echter Eisbaden-Fan.
Wie viele Leute waren beim ersten Eisbaden dabei, wie viele beim vergangenen?
L: 30 Leute beim ersten Eisbaden, beim letzten Eisbaden 90 Leute, von vornherein bunt gemischt, der jüngste Teilnehmer war neun Jahre alt, die älteste Teilnehmerin, eine Dame, 72 Jahre alt, aus Greven-Reckenfeld. Es spricht sich so herum, dass Leute auch aus der Umgebung zu uns kommen.
Und wenn ich jetzt beim Eisbaden mitmachen will, wie kann ich dafür sorgen, dass mein Eisbaden Gutes tut?
L: Man kennt das Prinzip ja von den Sponsoren-Läufen in der Schule, und so ist das auch bei uns: Also, dass man pro Eisbad von einem Sponsor unterstützt wird. Wir haben auch schon einen Sponsor für die erste Veranstaltung der neuen Saison, die Wohn+Stadtbau. Aber hier gilt ja das Motto „viel hilft viel“, daher kann man gerne auch Sponsoren mitbringen. Von den Sponsoren wird pro Person/oder Badegang ein gewisser Betrag gespendet. Man kann vor Ort noch etwas in die Spendenbox tun. Und wir haben Eisbademeisters-Mützen, die gekauft werden können. So kann auch gespendet werden und man hat eine schöne Mütze für den Winter.
Regelmäßiges Eisbaden hilft Körper und Seele
Ist es schwierig, in diesen Zeiten Sponsoren zu finden?
L: Nein. Alle Sponsoren waren immer begeistert. Ganz so einfach ist es dann manchmal doch nicht, wir merken auch, dass für viele die Zeiten nicht ganz so einfach sind.
E: Jedes Mal waren bislang mindestens drei oder vier Sponsoren dabei.
Was ist euer größter Erfolg?
L: Wir haben mit den drei bisherigen Veranstaltungen 7600 Euro für die Kinderkrebshilfe zusammenbekommen.
Klasse, was passierte mit dem Geld?
L: Uns war wichtig, dass es für die sporttherapeutische Betreuung der Kinder im Krankenhaus eingesetzt wird. Und zum anderen gibt ein jährliches Ski-Camp, dass unterstützt wird, in das die Familien mit den Kindern eingeladen werden. Da sind Ärzte vor Ort, es gibt therapeutische Betreuung, und die Familien erleben da eine wunderbare Auszeit, und vor allem, dass das Leben auch schön und leicht sein kann.
Wie seid ihr auf die Kinderkrebshilfe gekommen?
L: Ich hatte im Umfeld einige Freundinnen, die durch das Thema Kinderkrebs durchgehen mussten. Und ich habe da gesehen, wie das auf einmal alles auf den Kopf stellt und wie herausfordernd das ist. Ich bin selbst Mutter von zwei Kindern. Ich habe mir gedacht, wenn Kinder etwas wie Krebs erleben müssen, wie schlimm ist das bitte?! Und ich wusste, dass die Kinderkrebshilfe eine ganz besonders gute Arbeit macht. Auch das Benno-Haus und das Kulturcafé Yolk unterstützen uns! Egal, mit wem man spricht, alle verstehen das und haben ein Bezug. Alle sind sofort am Start etwas beizutragen.
Wem würdest du das Eisbaden empfehlen und warum?
E: Solange es gesundheitlich O. K. ist von den Ärzten und solange man keine Herzkreislaufprobleme hat, würde ich es allen Menschen empfehlen. Es ist eine der besten Erfahrungen, die man machen kann. Ich habe so viele Menschen gesehen, die sich zum ersten Mal getraut und überwunden haben. Es ist großartig, das zu erleben und mit ihnen zu sprechen. Man merkt wirklich, wie stolz sie auf sich sind, dass sie selbst über sich hinausgewachsen sind und sich verändern. Eigentlich ist eine alltägliche Sache, nur kaltes Wasser, eigentlich, aber mit dem Eisbaden kann man so viel über sich lernen.
Eva, wie bist du über dich hinausgewachsen?
E: Die Leute sagen, du machst das doch schon so oft. Dann ist es doch gar nicht mehr so schlimm. Aber das stimmt nicht.
Sondern?
E: Das ist jedes Mal eine neue Überwindung und tut jedes Mal aufs Neue gut, ist aber jedes Mal aufs Neue schwer, aber deshalb ist ja immer ein kleiner und besonderer Kick.
Gab es mal eine Situation, wo du dich sehr überwinden musstest beim Eisbaden?
L: Ja, in meiner allerersten Saison privat an einem Januarmorgen, alles war weiß und bereift, war klirrend galt, das war wie eine Reifeprüfung.
E: Das Coole beim Eisbaden ist, dass du auch im Winter ein Hobby hast, was draußen ist und dass du dann was zu tun hast, sonst ist man ja immer nur im Sommer so viel draußen. Und dass man sich dann hier am Benno-Haus trifft, mit Sauna und so.
Im Sommer kann ja jeder ...
E: Genau.
L: Und die Sonnen-Auf-und-Untergänge im Wasser im Winter, wenn man selbst im Wasser ist, das ist ein tolles Erlebnis. Ich stehe selbst so auf das Glitzern im Wasser. Mich persönlich lädt die Sonne auf und ich kann in das Wasser alles abgeben, was mir nicht mehr dient.
E: Für mich ist das Tolle die Gemeinschaft. Ich habe schon so viele coole Leute beim Eisbaden kennengelernt. Total nett und sympathisch.
Habt ihr noch einen Wunsch?
L: Sponsoren können wir immer gut gebrauchen. Walter hat zweimal die Sauna umsonst gemacht. Damit er beim nächsten Eisbaden wieder seine mobile Sauna aufbauen kann, brauchen wir einen Sponsor. Bitte melden!
Was unterscheidet das nächste Eisbaden von den bisherigen Veranstaltungen?
L: Die nächste Saison ist die erste volle Saison: November, Dezember, Januar, Februar und März, die genauen Termine werden bald bekannt gegeben über Instagram, Facebook oder über unsere Webseite: https://eisbademeisters-muenster.de/.
Braucht ihr noch Hilfe?
L: Menschen, die mit uns für einen guten Zweck ins Wasser gehen und auch Sponsoren werden gesucht. Aber auch Leute, die Lust haben uns zu unterstützen, sind immer herzlich willkommen, zum Beispiel auch bei der Orga oder auch beim Auf- und Abbauen. Am einfachsten können sich Sponsoren und helfende Hände über unseren Instagram-Kanal melden: www.instagram.com/eisbademeisters_muenster/.
Die Menschen, die ins Wasser gehen, gehen mit einem guten Gefühl nach Hause
Musstet Ihr schon mal jemanden wieder zurück aus dem Wasser holen?
E: Bislang nie. Wir erlauben es nicht, dass man in den Kanal hineinspringt. Am Benno-Haus ist ja eine Stufe, da kann man gut langsam und sicher hineingehen, einen Meter stehen. Wir machen vorher auch ein Warm-up.
Wer ist zuerst im eisigen Wasser? Junge oder ältere Menschen?
E: Kann man gar nicht sagen.
Wie sieht das wichtige Warm Up vorher aus?
L: Wir trampeln zu Musik auf der Stelle, machen Hampelmänner und andere lustige Dinge ein paar Minuten lang, um Muskulatur und Körper aufzuwärmen.
E: Und wir erklären noch das Eisbaden, worauf man achten muss, was im Körper passiert und so.
Wie wirkt das Eisbaden auf dich? Wie fühlst du dich nach dem Eisbaden? Jünger?
L: (lacht). Vitaler, also lebendiger tatsächlich
E: Lebendiger ist ein gutes Wort
L: Wir hatten viele Menschen dabei, die das zum ersten Mal gemacht haben.
E: Vorher waren sie voll skeptisch, hatten Angst, sagten „Oh Gott ist das kalt, ich habe das noch nie gemacht“ und konnten sich gar nicht vorstellen, in den eiskalten Kanal reinzugehen. Und hinterher haben die so gestrahlt, hatten Feuer in den Augen. Ich habe da bei Insta einen Vorher-Nachher-Film zusammengeschnitten.
Hattet Ihr schon Promis im Wasser?
L: Ja leider bisher nicht. Wigald Boning, wäre großartig! Der macht ja schon seit über 700 Tagen in Folge eine Schwimm-Challenge, den laden wir an dieser Stelle über Stadtgeflüster ganz offiziell ein. Lieber Wigald Boning, bitte komm zu unserem Eisbaden zugunsten der Kinderkrebshilfe!
Hattet Ihr schon einen Musiker im Wasser?
L: Wir hatten schon einige gefragt, aber warten immer noch auf den ersten badenden Musiker.
Warum würdest du das Eisbaden empfehlen?
L: Ich finde, beim Eisbaden gewinnen einfach alle, die damit zu tun haben. Die Sponsoren, die Geld geben und ein gutes Gefühl haben und die sozialen Projekte können damit ganz wertvolle Dinge tun! Die Menschen, die mit uns ins Wasser gehen, gehen mit einem guten Gefühl nach Hause, dass sie ihre Angst überwunden haben, sich ihr gestellt haben, dass sie etwas Gutes für andere, aber auch für sich getan haben! Denn es gibt ja noch eine Menge physiologischer Prozesse im Körper, die dabei passieren!
Interessant. Welche sind das?
L: Regelmäßiges Eisbaden hat positive Effekte auf Körper, Geist und Seele! Wenn wir eisiger Kälte ausgesetzt sind, ziehen die Gefäße sich zusammen, Muskeln werden heruntergekühlt, und gerade diese Prozesse werden auch als Therapie bei Autoimmunerkrankungen, rheumatischen Erkrankungen und chronischen Entzündungen genutzt! Auch das Herz-Kreislauf-System profitiert von genau diesem Effekt. Ein weiterer Pluspunkt ist die positive Wirkung auf unseren Blutzuckerspiegel.
Das heißt?
L: Eisbaden kann möglicherweise Leben verlängern und altersbedingten Krankheiten vorbeugen.
Eisbaden kann auch beim Abnehmen helfen, denn es aktiviert die Bildung von braunem Fettgewebe, dieses funktioniert wie eine Heizung und verbraucht viel Energie, also Fett.
Macht Eisbaden auch glücklich?
L: Genau. Und wie. Denn es wird viel Adrenalin ausgeschüttet, danach folgt ein erhöhter Serotonin- und Endorphin-Ausstoß. Diese Glückshormone fördern das Wohlbefinden, wirken beruhigend und schmerzlindernd. Man schläft besser, denn am Abend steigt auch der Melatonin-Spiegel. Durch die Kälte wird ein wahrer „Cocktail an Glückshormonen“ aktiviert. Yeah! Mut steigt, Laune steigt, Sponsoren haben ein gutes Gefühl, eine gute Sache zu unterstützen und soziale Projekte bekommen mehr Geld für wichtige Dinge! Win Win Win!
Das Eisbaden findet in den Wintermonaten am Benno-Haus (Höhe Wolbecker Straße) im Kanal statt, in den man hier über eine Stufe hineingehen kann. Webseite: https://eisbademeisters-muenster.de/. Weitere Infos: www.instagram.com/eisbademeisters_muenster/ Über Insta kommt man auch zur Whatsapp-Gruppe. Infos zum Verein Kinderkrebshilfe: https://www.kinderkrebshilfe-muenster.de/ Weitere Infos: www.facebook.com/people/Eisbademeisters-M%C3%BCnster/61555326282252/
lllustration Thorsten Kambach / Fotos Privat