Ekki Kurz und Juli Pons im Stadtgeflüster-Interview mit Katrin Schmid
TANZEN, BIS DIE SOHLEN GLÜHEN!
Geschäftsführerin der Tanzschule und Eventagentur Salsomania, Tanzlehrerin und passionierte Tänzerin zugleich – Katrin Schmid braucht keine Flügel, um zu schweben! Doch Vorsicht: Ihre Leidenschaft für lateinamerikanische Tänze und Musik ist höchst ansteckend! Wer einmal in ihren Bann gezogen wurde, den packt das Tanzfieber, das einen nicht so schnell wieder loslässt. Im Gespräch mit Ekki Kurz und Juli Pons blickt sie zurück auf die Geschichte des Salsomanias und gewährt Einblicke in die Vielfalt der lateinamerikanischen Tänze und Kultur.
Hola Katrin! Qué tal?
Muy bien! Y tú?
Bien! Erzähl vom Salsomania! Jetzt seid Ihr ja schon „alte, aber junggebliebene, Hasen“ in Eurer Branche.
Ja, genau! Uns gibt’s schon länger als das Stadtgeflüster. (lacht)
Wie ging’s los?
Vor der Gründung des Salsomanias war Jorge, mein Partner, schon jahrelang als Veranstalter und Tanzlehrer in Münster aktiv, brachte also viel Erfahrung mit. Ich selbst war ja anfangs auch seine Schülerin. 1996 fingen wir an zusammenzuarbeiten, was sehr gut funktionierte, und 1999 eröffneten wir schließlich unseren ersten gemeinsamen Laden in der Aegidiistraße. Münster war damals noch ziemlich homogen, also viel weniger multikulturell aufgestellt als heute. Da hat sich die Stadt inzwischen dank der zahlreichen internationalen Studierenden echt positiv entwickelt, aber in den Neunzigern war das noch ganz anders hier! Auch die Latino-Community war noch viel kleiner. Das hatte seine Vor- und Nachteile.
Aber insgesamt schon gute Startbedingungen fürs Salsomania?
Ja. Zu Beginn bedeutete es natürlich viel Arbeit für uns beide. Eine 7-Tage-Woche war ganz normal. Wir fanden schnell Schüler, viele davon waren zum Beispiel ehemalige Kunden aus Jorges Tanzkursen des Bildungswerkes Sobi. Einen Kundenstamm gab’s also schon. Über die Zeit sind wir gewachsen, weshalb wir irgendwann größere Räumlichkeiten brauchten, also zogen wir 2005 in die Mauritzstraße. Das Lokal hat sich dann immer weiter etabliert und ist geblieben. Inzwischen haben wir eine treue Fangemeinde und ein tolles Team!
Das klingt super! Ihr sprecht ja ein breites Publikum an. Wer genau kommt alles so zu Euch?
All diejenigen, die die Musik mögen, sind willkommen! Von jung bis alt, die verschiedensten Nationalitäten, es sind alle dabei. Unser Publikum ist total gemischt, das ist ja das Schöne! Es kommen zum Beispiel Verlobte, die bei uns die Choreografie ihres Hochzeitstanzes lernen möchten, Neuankömmlinge, die Kontakte suchen, oder Menschen, die ihren runden Geburtstag feiern wollen. Man kann unsere Location ja auch für die verschiedensten privaten Events mieten. Ich freue mich darüber, wenn sich hier die Kreise schließen, wenn die nächste Generation unserer Freunde auch zu uns kommt und sagt: „Meine Eltern haben hier auch schon getanzt.“
Welche Tänze kann man bei Euch lernen? Ihr habt ja ’ne Menge im Angebot. Lass uns einige besprechen!
Wir haben mehrere Bereiche in Salsomania. An Tanzkursen bieten wir zum Beispiel Zumba, Hip-Hop, Bachata, Dancehall/Reggaeton, Flamenco und natürlich Salsa an! Das ist ja mittlerweile jedem ein Begriff.
Hast Du eine Empfehlung für Einsteiger?
Also, wenn man Spaß am Tanzen in Gruppen hat, ist zum Beispiel Zumba sehr toll. Das ist ein Tanzfitnessprogramm, entwickelt vom kolumbianischen Tänzer Beto Perez, das lateinamerikanische Tänze mit Aerobic kombiniert. Es macht großen Spaß und ist für alle Altersstufen geeignet. In Europa begann der Trend in den Niederlanden und eine Freundin überzeugte mich damals, die Ausbildung mitzumachen. Wir waren dann auch die Ersten, die Zumba in Münster angeboten haben. Darauf bin ich sehr stolz!
Das darfst Du auch!
Und wenn man am Paartanz interessiert ist?
Dann Bachata. Er ist einfach zu lernen, weil er ein bisschen langsamer ist und man sich besser an den Vierer-Takt gewöhnen kann. Der Tanz ist gerade auch sehr beliebt.
Unsere Kinder sind quasi im Salsomania aufgewachsen
Welchen Tanz tanzt Du denn am liebsten?
Mein Favorit ist auf jeden Fall Salsa. Da ist einfach noch mehr Pepp drin und er ist vielfältiger, für mich einfach schöner. Aber Bachata ist auch toll!
Also erstmal Bachata und danach Salsa, oder?
Ja, zum Beispiel. Das Schöne daran ist, dass man all das, was man in den Tanzkursen gelernt hat, auf den Partys oder Veranstaltungen auch anwenden kann. Bei anderen Standardtänzen hat man nicht so oft die Möglichkeit. Es ist also eine wirklich lebendige, sich immer weiterentwickelnde Tanzkultur, wo es nie langweilig wird. Es gibt immer was Neues dazuzulernen.
Und was macht Ihr mit den „Unbegabten“? Dürfen die auch kommen?
Dafür sind wir ja da! (lacht) Wenn alle schon tanzen könnten, wär’s für uns ja keine Herausforderung mehr. Natürlich haben wir auch einige, die leicht aus dem Takt kommen, die sind aber manchmal unsere liebsten Kunden, weil sie sich Mühe geben und über sich hinauswachsen. Es ist toll zu sehen, wie sie lernen und einen anderen Bezug zu ihrem Körper finden. Dafür ist viel Pädagogik, Einfühlungsvermögen und Verständnis nötig. Das ist das Schöne an meinem Beruf.
Wie sind eigentlich die männlichen Vertreter aufgestellt?
Beim Zumba haben wir derzeit keine männlichen Tänzer. Sonst hatten wir immer drei bis vier Zumba-Männer. Da herrscht gerade eine Männerflaute. Bei den Paartanzkursen dagegen sind Männer gut vertreten, manchmal sind’s sogar zu viele! Frauen trauen sich meist nicht allein zu kommen, aus Angst, nicht zum Tanzen aufgefordert zu werden. Männer hingegen denken, dass vielleicht zu viele Frauen teilnehmen und tauchen dann allein auf. Es ist immer noch ein anderes Selbstvertrauen zwischen Männern und Frauen da. Um einen Partner zu finden, bieten wir verschiedene Möglichkeiten an, zum Beispiel über WhatsApp-Gruppen. Also keine Scheu, ruhig einzeln anmelden! Man lernt schnell viele nette Leute kennen. Wichtig ist, den ersten Schritt zu wagen, wenn man Lust hat zu tanzen!
Kommen wir mal zu den unschönen Dingen: die Covid-Zeit. Ich schätze, das war wohl eine der größten Herausforderungen für Euch. Was habt Ihr Euch alles einfallen lassen, Euren Tanz-Fanclub in dieser Zeit zu motivieren?
Das war tatsächlich eine krasse Situation. Es war ja auch extrem schwierig, sich vorzustellen, was das eigentlich bedeutet. Wir haben total schnell auf Online-Kurse umgestellt, direkt nachdem wir den Laden schließen mussten. Jorge hat das technisch fix gelöst. Klar, anfangs gab es natürlich Startschwierigkeiten, aber es wurde immer besser im Laufe der Zeit.
Die Online-Kurse bieten wir übrigens immer noch an, sogar mit Teilnehmern aus anderen Städten, aus Kopenhagen und Berlin zum Beispiel. Obwohl wir natürlich Verluste gemacht haben, sind die Online-Kurse gewissermaßen auch eine Bereicherung. Sie haben uns und anderen in dieser bizarren Zeit Halt gegeben, auch wenn’s schon komisch war, so ganz allein im leeren Laden zu tanzen. Aber nichts ersetzt das echte Zusammenkommen und die Gruppendynamik beim Tanzen.
Ihr seid ja ein Familiengeschäft: Wie ist es eigentlich, das Geschäft mit seinem Lebensgefährten zu führen?
(Lacht) Es ist sehr intensiv! Wir haben viele Gemeinsamkeiten, sonst würde das auch nicht gehen. Es ist besser, man macht es zusammen als allein, weil man sonst nicht verstehen kann, was der andere macht. Sonst passt das von den Zeiten auch einfach nicht. Klar, es ist viel! Aber wir haben es angepackt! Und inzwischen haben wir tatkräftige Unterstützung, wofür wir sehr dankbar sind.
Und Eure Kinder, helfen die mit?
Ja, die sind quasi im Salsomania aufgewachsen und machen viel mit. Meine Tochter unterrichtet mittlerweile die Kinderkurse und organisiert Kindertanzgeburtstage an den Wochenenden. Sie hat große Freude am Tanzen und unsere Söhne sind auch begeistert dabei.
Vor der Festivalsaison geht es erst einmal in den Urlaub nach Griechenland
Du bist ja im März selbst für drei Wochen in die peruanische Kultur eingetaucht. Wie sieht man die Dinge nach solch einer Reise?
Oh, alles ging irgendwie total schnell! Der Alltag war auch im Nu wieder da. Aber man sieht schon die Unterschiede, wenn man wieder zurück ist: die Vor- und Nachteile, die jedes Land hat, also immer beide Seiten. Man setzt Dinge wieder in richtige Relationen.
Was genau meinst Du damit? Was gefällt Dir an Peru?
Die frischen Früchte und das ganze Gemüse. Das gute Essen einfach!
Hast Du ein Lieblingsgericht?
In Peru ist es auf jeden Fall Ceviche, das ist ein Fischgericht und extrem lecker! Und natürlich die ganzen Kartoffelgerichte. Es gibt dort ja etwa 4000 verschiedene Sorten, glaube ich.
Ja, Wahnsinn!
Kartoffeln kommen ja eigentlich aus Südamerika. Das vergisst man immer, wir sagen deutsche Kartoffeln. Nein, nein, vorher gab es die hier nicht! Dort haben sie ganz viele unterschiedliche, alle Farben von Gelb bis Lila! Und die ganzen frischen Säfte vermisse ich, das ist wirklich herrlich!
Welche Vorzüge siehst Du hier?
Also, in Münster schätze ich besonders die Sicherheit für die Familie. Die Kinder können allein zur Schule gehen und sich frei bewegen. Das würde ich in Lateinamerika besonders für meine Kinder vermissen.
Und wenn Du die Mentalität der Menschen vergleichst? Vielleicht ein bisschen stereotypisch, aber wie ist da Dein Eindruck?
Die ist natürlich im Allgemeinen schon anders. Besonders in den Provinzen von Peru sind die Leute sehr aufgeschlossen, freundlich und wirklich interessiert an einem! Ich finde, genau das fehlt den Menschen hier manchmal, auf andere zuzugehen, die fremd sind. Das ist natürlich mein Ziel im Salsomania: dass sich die Leute bei uns willkommen fühlen, sich hier treffen und austauschen.
Du sagst ja auch auf Eurer Website: „Für mich ist Salsomania die Verbindung von meiner Welt zur lateinamerikanischen Welt“.
Ja, genau. Jorge und ich haben uns aus unseren beiden Kulturen diese Schnittmenge hier gestaltet. Im Salsomania vermischen sich unterschiedliche Kulturen und etwas Schönes entsteht. Es ist ein Ort der echten Begegnung, fernab von Ablenkungen, wo Menschen verschiedener Herkunft zusammenkommen, wo Frieden (Paz), Akzeptanz und Toleranz großgeschrieben werden! Hier zeigen wir, dass ein harmonisches Miteinander möglich ist.
Was habt Ihr aktuell alles auf dem Programm?
Im Sommer sind wir immer sehr aktiv, wir gehen sozusagen auf Tour. Zum Beispiel kooperieren wir mit dem Hotel Adler und bieten oben auf der Hoteldachterrasse Salsa und Bachata-Partylounge-Abende an. Davor finden dort auch Kurse statt. Es ist eine wunderschöne Location. Wenn das Wetter mitspielt, veranstalten wir dieses Event im Freien zwei Mal im Monat. Im August gibt’s uns auf dem Hammer-Straßen-Fest mit großer Latino-Bühne, Live-Programm und Tanzshows. Einfach gerne bei uns auf Instagram oder Facebook nachschauen, da ist immer alles angekündigt.
Das klingt aufregend! Viel Erfolg dabei!
Kommen wir zum Abschluss nochmal zurück zum Tanz. Was möchtest Du mit Tanz bei den Menschen erreichen?
Ein Lachen auf jeden Fall. Ich möchte, dass sie sich gut fühlen, dass sie den Alltag hier ein bisschen vergessen können, eine Auszeit haben und mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. Das gelingt uns meistens sehr gut. Tanzen macht einfach was mit den Menschen, schöne Emotionen werden ausgelöst und übertragen. Das ist wirklich toll zu erleben!
Ja, das ist ein fantastisches Schlusswort! Danke für das erfrischende Gespräch. Muchísimas gracias!
Con placer!
Katrin Schmid
Katrin Schmid, 1973 in Dortmund geboren, wuchs in Schwerte auf. Die Liebe zur lateinamerikanischen Kultur hat sie bereits in ihrer Jugend dank verschiedener Tanzkurse entdeckt. Als junger Mensch lebte sie in Argentinien und Peru und verbrachte zudem viel Zeit in Spanien. Die neu entdeckten musikalischen Klänge nahm sie als Souvenir mit nach Hause. Anfang der 90er Jahre zog sie fürs Studium nach Münster. Dort traf sie 1995 auf den Veranstalter und Tanzlehrer Jorge Acevedo, ihren jetzigen Lebensgefährten, der damals schon sehr aktiv in der Kulturszene der Stadt mitwirkte. Zu Beginn war sie Jorges Schülerin und tauchte durch ihn in die Welt des Salsas ein. 1999 gründeten sie gemeinsam die Tanzschule und Eventagentur Salsomania. Von da an begeistern sie ihre stets wachsende Fangemeinde mit vielseitigen lateinamerikanischen Tanzangeboten und Veranstaltungen in Münster.
www.salsomania.de
lllustration Thorsten Kambach / Fotos Katrin Schmid