
Tom Feuerstacke und Ole Kittner besprechen Herausforderungen im Fußballgeschäft
LANGFRISTIGER ERFOLG STATT SCHNELLSCHÜSSE
Im Stadion tobt die Spannung, doch hinter den Kulissen wird mit ruhiger Hand und klarer Vision an der Zukunft gearbeitet. Unsere Preußen setzen einen großen Teil ihrer Erträge in die langfristige Entwicklung und Infrastruktur – von der Digitalisierung des Ticketing hin zum neuen Fanshop in der Innenstadt. Doch auch auf dem Rasen bleibt alles in Bewegung: Spieler kommen, Verträge laufen aus, Veränderungen sind unausweichlich. Aber keine Sorge, hier wird nichts dem Zufall überlassen. Nur klare, durchdachte Schritte führen zum langfristigen Erfolg.
Ole, wie zufrieden bist du aktuell mit der Entwicklung unseres Preußenteams – auf dem Platz und im Zusammenhalt?
Zufriedenheit ist während einer laufenden Saison schwer zu greifen, weil noch alles im Fluss ist. Aber im Rahmen unserer Möglichkeiten haben wir ein starkes Team – sportlich wie menschlich. Besonders beeindruckt mich, wie gut sich die Neuzugänge eingefügt haben. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Die erfahrenen Spieler haben sie super aufgenommen, und auch die neuen haben sich sofort integriert. Dadurch sind wir wieder zu einer echten Einheit geworden. Für den Moment bin ich damit sehr zufrieden.
Wie schwer fällt es dir, im schnelllebigen Fußballalltag überhaupt Momente der Zufriedenheit zu finden?
Nach einem Sieg sollte man sich schon kurz Zeit nehmen, das zu genießen – sonst fehlt die Energie fürs nächste Spiel. Aber echte Zufriedenheit ist für mich mehr als das, eher ein langfristiges Gefühl. Im Fußball bleibt dafür kaum Platz, alles ist zu schnelllebig. Jedes Wochenende prägt das Gefühl der folgenden Woche. Darüber hinaus ist der Verein im ständigen Wandel. Deshalb gibt es diesen dauerhaften Zustand von Zufriedenheit für mich gerade nicht.
Wie würdest du den Mut beschreiben, der hinter der Entscheidung steckt, den Verein mit neuen Strukturen und vielleicht nicht allzu erfahrenen Geschäftsführern zukunftsfähig aufzustellen?
Nach dem Abstieg hat der Verein bewusst die Weichen neu gestellt und drei Geschäftsführer-Positionen eingeführt, um zukunftsfähige Strukturen zu schaffen. Drei erfahrene Geschäftsführer waren damals nicht darstellbar, daher war es eine mutige, aber richtungsweisende Entscheidung. Die Entwicklung seither zeigt, dass es der richtige Weg war – sportlich und vor allem auch neben dem Platz, etwa durch die stärkere Einbindung in die Stadtgesellschaft. Ich denke, dass wir eine gewisse Neugier und Frische hatten, aber auch nicht naiv an die Herausforderung herangegangen sind. Peter hatte zuvor Stationen im Profifußball und auch meine neue Rolle war gut vorbereitet – wir haben über zwei Jahre eng zusammengearbeitet. Nach außen wirkte das vielleicht risikoreich, intern war es das nicht.
Wie wichtig ist es dir, dass der Verein nicht nur sportlich, sondern auch gesellschaftlich eine Rolle spielt?
Ich mache das gerne, weil ich den Verein so sehe. Er gehört nicht einer einzelnen Person, sondern der Stadt und der Region. Gemeinsam können wir etwas Großartiges erreichen. Deshalb fühlt es sich für mich nicht wie eine Pflicht an, wenn ich nach dem Spiel mit Partnern wie FIEGE oder LVM spreche. Es geht darum, gemeinsam zu reflektieren und Ideen auszutauschen. Natürlich habe ich oftmals mehr Einblicke und Informationen, aber eines haben wir gemeinsam: Jeder hat, der sich engagieren will, das Ziel, dass Preußen Münster vorankommt. Das Stadion wird umgebaut und die Bagger und Kräne rollen an.
Wie wichtig war es dir und dem Verein, den Namen ‚Preußenstadion‘ zu erhalten, trotz der wirtschaftlichen Überlegungen bei der Namensgebung?
Nachdem der Stadionumbau festgestanden hatte, war klar, dass wir einen Partner für die Namensrechte benötigen. Die Stadt ist ebenfalls beteiligt, und glücklicherweise haben wir mittlerweile einen breiten Sponsorenpool. Die LVM zeigte schnell Interesse. Ein wichtiger Punkt war jedoch, dass der Name „Preußenstadion“ erhalten bleibt. Zuvor hieß es nur „Städtisches Stadion an der Hammer Straße“, aber die Fans wollten den ikonischen Namen bewahren. Die AG-Stadion, die verschiedene Fangruppierungen vertrat, unterstützte uns dabei. Es war ein besonderer Moment, als die LVM auf Vorstandsebene zusagte, den Namen zu erhalten – einfach, weil es den Fans wichtig war. Nach der Einigung mit der LVM haben wir auch mit der Stadt gesprochen, um mögliche Bedenken auszuräumen. Insgesamt war es ein schnelles und kooperatives Vorgehen. Die Strahlkraft von „Preußen“ hat sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt und ist heute mehr als nur ein Verein. Sie ist eine echte Marke, wie auch die zunehmende Zahl an lokalen Sponsoren zeigt.
Wie gelingt es dir, den Spagat zwischen Tradition und Innovation zu meistern und dabei die Identifikation der Fans zu bewahren?
Das ist das Spannende heute: die Balance zwischen Tradition und Innovation. Ein Beispiel ist das Namensrecht. Es gibt oft Widersprüche, aber sie passen auf den zweiten Blick dann doch zusammen. Fortschritt, ohne die Tradition zu verlieren. Für mich geht es darum, Preußen Münster wachsen zu lassen – mehr Fans zu gewinnen, mehr Sponsoren aus der Region zu finden und so mehr finanzielle Möglichkeiten zu schaffen, ohne den Kern des Vereins zu verlieren. Der sensible Umgang mit Tradition, auch bei Veränderungen, ist dabei entscheidend. Fans verstehen, dass Veränderungen nötig sind, um erfolgreich zu bleiben und finanzielle Mittel zu generieren. Es ist wunderbar, wie die Identifikation der Fans weiter steigt, besonders sichtbar bei Auswärtsfahrten. Wir waren bei jedem Auswärtsspiel ausverkauft – ein starkes Zeichen für die Gesundheit des Vereins und die gemeinsame Ausrichtung.

Preußen ist eine echte Marke
Wie erlebst du es, dass das starke Gemeinschaftsgefühl nicht nur in der Kabine, sondern auch auf der Tribüne und bei den Sponsoren spürbar ist?
Was Preußen Münster auszeichnet, ist primär das starke Gemeinschaftsgefühl. Das erlebe ich nicht nur in der Kabine, sondern auch auf allen anderen Ebenen des Vereins. Die Mannschaft hat einen außergewöhnlich guten Umgang miteinander, und auch wenn wir vielleicht nicht die individuell stärkste Truppe sind, haben wir ein fantastisches Kollektiv. Das spiegelt sich auch im Stadion wider, wo die Fans zusammenhalten, genauso wie in der Partnerschaftsebene – hier geht es nicht nur ums Business, sondern um echte Kooperation im Sinne der Sache. Jeder hat seine eigenen Interessen – sei es in der Kabine, auf der Stehplatztribüne oder im Business Klub – aber am Ende trägt das Gemeinschaftsgefühl und das gemeinsame Ziel. Es ist wichtig, dass die Spieler, die Sponsoren und die Fans einen gemeinsamen Anker haben – dass der Ursprung des Vereins weiterhin spürbar bleibt. Letztlich arbeiten alle für das gleiche Ziel, und niemand stellt sich über das Team vor. Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit und das gemeinsame Vorankommen machen Preußen Münster aus.
Kommen wir etwas mehr zum Sportlichen, was ja deine Hauptaufgabe als Geschäftsführer ist. Was würdest du sagen, was genau die Mannschaft so stabil und lernwillig macht, dass sie trotz Rückschlägen immer wieder zurückkommt und in jedem Spiel konkurrenzfähig ist?
Die Einstellung der Mannschaft stimmt. Es ist schon bemerkenswert, dass wir jedes Spiel, abgesehen von der Auswärtsniederlage in Hamburg, auf Augenhöhe gestalten konnten. Das haben wir unserer Einstellung zu verdanken. Wir schaffen es immer wieder, das GAP zu den Gegnern zu schließen und uns zurückzukämpfen. Natürlich gab es auch Rückschläge, wie späte Gegentore oder knappe Niederlagen, aber die Jungs bleiben stabil und zeigen eine unglaubliche Lernbereitschaft. Sie möchten sich jeden Tag verbessern, das merkt man ganz klar. Nachdem der Start in die Hinrunde schwierig war, haben sie schnell die richtigen Hebel gefunden, um konstante Leistungen und Ergebnisse zu liefern. Sie werden nicht nervös, sondern haben zur richtigen Zeit – z. B. gegen Regensburg – geliefert, auch Spieler, die zuvor weniger gespielt haben. Das ist wirklich beeindruckend und keineswegs selbstverständlich. Gleichzeitig darf das aber nicht zur Zufriedenheit führen. Es muss uns viel mehr als Ansporn dienen, weiterzuarbeiten. Wir wissen, dass wir es können und daraus resultiert auch die Verantwortung, die entsprechende Leistung zu liefern. Das Vertrauen in uns als Mannschaft ist gut, und das ist die Grundlage für die entscheidende Phase der Saison.
Was sind deiner Meinung nach die wesentlichen Veränderungen, die notwendig wären, damit die Mannschaft nicht bis zum Ende der Saison zittern muss? Welche Anpassungen wären erforderlich, um langfristig eine stabilere und erfolgversprechendere Basis für die kommenden Jahre zu schaffen?
Der Umbau des Stadions und die Entwicklung des Vereins bieten derzeit große Chancen. Der gesamte Verein befindet sich im Wandel, und dieser Prozess ist für alle sichtbar. Solange wir uns in dieser Umbauphase befinden – sowohl in Bezug auf den Verein als auch auf die Infrastruktur – wird es wirtschaftlich herausfordernd sein, mit den größeren Klubs auf Augenhöhe zu konkurrieren. Doch sobald die nötige Infrastruktur steht, hat diese Stadt zusammen mit ihrer Region ein enormes Potenzial. Dann können wir mit dem Ziel arbeiten, uns nachhaltig im Profifußball zu etablieren und den Anspruch entwickeln, uns langfristig in dieser Liga zu behaupten. Bis diese Entwicklung nicht abgeschlossen ist, müssen wir realistisch bleiben, aber die Perspektive ist klar: Mit der richtigen Infrastruktur können wir uns mit Vereinen wie Greuther Fürth, Paderborn oder Darmstadt messen, die bereits hervorragende Arbeit leisten.
Gab es in dieser Saison oder während bestimmter Phasen des Wettbewerbs Momente, in denen du und dein Trainerteam ernsthaft infrage gestellt habt, ob die bisher gewählten Entscheidungen richtig oder falsch waren? Oder war es nie ein Thema, sondern wurde stets alles kontinuierlich hinterfragt und nach jedem Spiel genau analysiert, um sicherzustellen, dass der Matchplan und die Strategie stets optimiert werden?
Nein. Diesen Moment gab es nie. Ich denke, dass Ruhe und Kontinuität Erfolgskriterien für uns sein müssen und es auch sind. In vielen anderen Vereinen würde bei ähnlichen Ergebnissen viel schneller Unruhe aufkommen. Es ist wichtig, dass hart und konzentriert gearbeitet wird, auch wenn mal nicht alles nach Plan läuft. Entscheidend ist, dass wir Zuversicht und Realismus gut balancieren. Die Geschichten sind doch super, wenn man dann sieht, wie zum Beispiel Simon Scherder oder Marc Lorenz das Spiel am Wochenende entscheiden, könnte man schon schmunzeln. Beide sind erfahrene Spieler, und es ist einfach schön zu sehen, wie sie trotz ihrer längeren Zeit im Verein immer noch so wertvolle Beiträge leisten. Es ist besonders, wenn Menschen, die eine so Historie in diesem Verein haben, das Spiel dann auch in einem entscheidenden Moment beeinflussen – das gibt dem Team und den Fans nochmal einen zusätzlichen Funken Energie.

Wie gehst du mit den Herausforderungen um, die die kommende Saison mit sich bringen wird, insbesondere im Hinblick auf die Veränderungen im Team? Werden in diesem Zusammenhang auch Umbaumaßnahmen im Verein stattfinden, die zusätzliche finanzielle Mittel erfordern? Und wie stellt ihr sicher, dass trotz dieser Investitionen genug Ressourcen für die erste Mannschaft zur Verfügung stehen, insbesondere in Bezug auf Trainer und die Entwicklung der Jugendmannschaft?
Der Verein setzt einen Großteil seiner Gesamterträge gezielt in die langfristige Entwicklung und Infrastruktur. Neben den offensichtlichen Kosten für die Mannschaft und deren Ausstattung fallen auch zahlreiche unsichtbare Ausgaben an, die jedoch entscheidend für die Nachhaltigkeit sind. Dazu gehört beispielsweise das Leistungszentrum, die Digitalisierung des Ticketing-Systems oder die Einrichtung eines Fanshops in der Innenstadt, die allesamt Investitionen in die Zukunft des Vereins darstellen. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, nicht nur kurzfristig, sondern vor allem langfristig erfolgreich zu sein. Auch in den kommenden Jahren wird der Verein einen erheblichen Teil der erwirtschafteten Mittel in den Ausbau der Infrastruktur stecken, sodass sich der Anteil für die Mannschaft erst nach und nach erhöhen wird.
Wie gehst du mit den Unsicherheiten um, die durch diese auslaufenden Verträge und Leihspieler entstehen? Wie wichtig ist es für dich, einen klaren Plan zu haben, bevor Veränderungen im Kader vorgenommen werden?
Mit dem aktuellen Team und der Art und Weise, wie sie zusammen spielen, bin ich absolut einverstanden und habe volles Vertrauen in sie. Natürlich gibt es einige Positionen, bei denen wir nicht alles selbst in der Hand haben, etwa durch auslaufende Verträge oder Spieler, die nur ausgeliehen sind. Einige dieser Spieler haben derzeit einen erheblichen Einfluss auf das Spiel und sind oft Stammspieler. Daher wird es mit Sicherheit Veränderungen im Kader geben müssen. Wir werden nicht einfach nur aus einem Impuls heraus Änderungen vornehmen, sondern es muss immer eine klare Idee oder Notwendigkeit dahinterstehen.
Wie gelingt es dir als Geschäftsführer, mit den großen Träumen und dem langfristigen Fokus des Vereins gleichzeitig auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben? Ist es schwierig, die Balance zwischen den Visionen für die Zukunft und der realistischen Einschätzung der aktuellen Gegebenheiten zu finden, gerade wenn man an den Unterschied zwischen der jetzigen Situation und den vergangenen Jahren denkt, als man noch in Bocholt gespielt hat?
Wir tun gut daran, mit beiden Füßen fest auf dem Boden zu bleiben. Auch im Aufstiegsjahr waren wir sehr demütig und haben uns gesagt, es läuft gut, aber am Ende müssen wir jeden Tag aufs Neue beweisen, was wir können. Es gibt aktuell keinen Grund, in unrealistische Sphären abzudriften, da der Fokus darauf liegt, die momentane Realität stabil zu gestalten und diese als Normalität zu etablieren. Es geht nicht darum, schnell Ergebnisse zu erzielen oder sich von emotionalen Entscheidungen treiben zu lassen. Vielmehr ist es entscheidend, kontinuierlich und mit einem klaren Plan zu arbeiten.
Denkst du, dass der Weg, den Freiburg oder Paderborn gegangen sind, auch für Preußen Münster der richtige ist, oder gibt es Dinge, die uns Preußen von diesen Vereinen unterscheiden?
Vereine wie Freiburg, Kiel oder Paderborn sind positive Beispiele. Diese haben ihren Erfolg nicht durch bloße Worte oder unrealistische Vorstellungen erreicht, sondern durch bodenständige und langfristige Arbeit. Sie haben nicht alles auf eine Karte gesetzt, sondern die Dinge Schritt für Schritt aufgebaut. Das ist auch unser Ziel – langfristig und stetig zu wachsen. Preußen Münster ist ein einzigartiger Verein, der seinen eigenen Weg finden muss, aber wir können von diesen positiven Vorbildern lernen. Wir wollen nachhaltig arbeiten und uns langfristig entwickeln. Danke, Ole für das ausführliche Gespräch und viel Glück für die kommenden Aufgaben.
Danke dir
Ole Kittner
Der 37-jährige in Münster geborene Psychologe schnürte zu seiner aktiven Zeit die Stiefel für unsern SCP. Die Stiefel hängen schon lange am Nagel. Seine Leidenschaft für den Verein und seine Geschicke noch lange nicht.
lllustration Thorsten Kambach / Fotos Doerries Niemeyer