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2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Rosa Latour erzählt aus ihrer langen Musiker-Karriere

EIN GANZES LEBEN NUR MUSIK

Seit knapp 40 Jahren ist fester Bestandteil der Münsteraner Musik- und Kulturszene und darf wohl zurecht als Urgestein bezeichnet werden. Die Rede ist von Rosa Latour. Dem ein oder anderen ist sie vielleicht sogar noch aus Bands wie „Scream & Shout“ oder „Always Ultra“ bekannt. Von Punk, Pop, A Capella bis hin zum Chanson hat sie in ihrer Laufbahn schon alles gemacht. Im März gab es eine neue CD. Wir haben es uns natürlich nicht nehmen lassen, mit Ihr ausführlich über Ihre Karriere und noch viel mehr zu sprechen!

Wer oder was ist Rosa Latour?


Rosa Latour ist eine Musikerin aus Münster. In erster Linie eine Sängerin, aber auch Pianistin und ein bisschen Saxophonistin. Sie ist in Münster geboren und macht seit Jahrzehnten hier Musik.


Schön, dann hätten wir das ja schon mal geklärt! Kannst du von der Musik leben?


Tatsächlich, ich unterrichte Musik und mache nebenbei dann auch selbst halt noch Musik. Aber da kann sich ja kaum ein Künstler von ernähren, da braucht man noch einen anderen Job. Ich habe das Glück, dass dieser Job zum Geld verdienen sich auch mit Musik befasst.


Denn da machst du was genau?


Ich bin Gesangslehrerin und habe einen Lehrauftrag am Institut für Musikpädagogik für Rock-, Pop- und Jazzgesang an der Uni Münster. Privat gebe ich dann noch Gesangsunterricht und leite Chöre.


Puh, das klingt schon relativ tagesfüllend. Bleibt da überhaupt noch Zeit, um selbst Musik zu machen.


Och, es geht. So ein Lehrauftrag darf immer nur höchstens zehn Stunden umfassen und privat mache ich auch nicht so viel. Also das ist eine ganz gute Mischung, dass das alles noch passt.


Ich kenne jetzt nur deine letzte CD „Roswitha“, das ist ja eher die Richtung Chanson. War das schon immer so?


Das hat sich in den letzten Jahren so ein wenig dahin entwickelt. Früher, also in den 80ern, habe ich mal Neue Deutsche Welle und Punk gemacht. Später habe ich Pop und A Capella gemacht und auch lange in Rock- und Soul-Coverbands gespielt.


Chanson kam mehr oder weniger durch Zufall. Ich habe gemerkt, dass ich doch gerne französisch singe, mir das Spaß macht und auch liegt. Meine Stimme klang auch ein bisschen anders, und bekam eine neue Klangfarbe. Da habe ich mich dann etwas weiter damit befasst.


Sehr umtriebig…


Ja, das hat mir so gefallen, dass ich dann ja auch lange das Soloprogramm „8 Femme“. Da habe ich dann die französischen Stücke aus dem gleichnamigen Film nachgesungen, alleine am Klavier. Das hat sich dann so weiter entwickelt, dass ich eigene Stücke geschrieben habe. Die waren dann aber eher auf Deutsch, damit habe ich dann dieses zweite Album aufgenommen.


Ich habe im Netz ein Foto gefunden, bei Adam Riese, da sieht man dir aber den Punk noch an…


Ich glaube ich weiß, welches Foto du meinst, das muss von ganz früher sein, aus den 80ern. Da spielte ich noch bei Oncel Dagogo, eine lustige, so ein bisschen vom Ska angehauchte Pop-Neue_Deutsche_Welle-Band, mit Elke Wehling, Georg und Ekki Maas. Danach kam dann aber schon A Capella mit „Scream & Shout“ und so ging es dann immer weiter.

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Neben uns gab es noch die 6-Zylinder

Wow, scheint ja kaum was zu geben, was du nicht gemacht hast. „Scream and Shout“ sagt mir aber noch was.


Ja, das war eine A Capella-Pop-Band, was ja eigentlich so damals noch nicht so richtig gab, das war was richtig Neues. Wir haben also nicht nur klassisches A Capella gemacht, sondern versucht, einen richtigen Band-Sound zu machen, richtige Pop-Musik, halt nur mit den Stimmen. Neben uns gab es noch die 6-Zylinder, die waren aber noch etwas konventioneller.


Dann wart ihr ja richtige Vorreiter? Der A Capella-Pop hat sich ja später richtig durchgesetzt, „Wise Guys“, „On Air“ oder vorher noch „Die Prinzen“.

Vieles passierte gleichzeitig. Die Prinzen waren ja eigentlich auch nicht wirklich a Capella…


Stimmt, wo du es sagst, die hatten ja eine komplette Band dabei!


Genau, aber das ging so ein bisschen in diese Richtung, es wurde ein wenig als A Capella verkauft.


Aber heutzutage machen andere das schon auf einem komplett anderen Level, als wir es damals taten. Da hat sich unheimlich etwas entwickelt auf diesem Gebiet.


Wenn man dich so erzählen hört, könnte man denken, deine Karriere dauert schon 5o Jahre oder länger…


Das ist gar nicht so ganz falsch. (Lacht)


40 Jahre könnten es schon sein, glaube ich. Es liegt einfach daran, dass ich immer in meinem Leben Musik gemacht habe. Ich bin in einem Musikerhaushalt aufgewachsen, meine Eltern sind beide Pianisten.

Ich habe als Teenie angefangen mit Pop-Musik und ersten Bands, also Schülerbands mit 16-17 Jahren. Dann kam halt auch schon „Oncel Dagogo“, das war schon zu Abi-Zeiten.


Ist Latour eigentlich ein Künstlername?


Nein, das ist wirklich mein richtiger Name.


Der hört sich sehr französisch an…


Das stimmt, hat auch wohl da seinen Ursprung. Es ist ein alter Hugenotten-Name, aber es ist ewig her, dass da mal Franzosen in der Familie waren.

Ich war mir sicher, ich habe richtig kombiniert und Französisch ist deine Muttersprache. Singt französisch, klingt französisch…


Könnte man wirklich meinen, ist es aber leider nicht. Die Sprache habe ich tatsächlich erlernt.


Hut ab, mir hat sich die Sprache nie erschlossen in der Schule. Ich finde sie aber schön, sogar wenn man beschimpft wird, hört es sich niedlich an…

Das kann auch ganz anders klingen, wenn ein Franzose erst mal so richtig loslegt!


Ich muss es nicht herausfinden! Aber Französisch ist in Münster ja künstlerisch weit verbreitet. Jean Claude Séférian, Richard „Richie“ Alexander…


Lass uns mal über deine neue CD sprechen, „Roswitha“?


So heißt sie, ja. Das ist mein Mädchenname sozusagen. Ich war ja durch meine Soloprogramme sehr auf mich fokussiert war, was ich mir ja auch so ausgesucht habe. In diesem Zusammenhang habe ich mich sehr mit mir und meiner Entwicklung beschäftigt. Wie bin ich zu der geworden, die ich jetzt bin? Erst recht, wo ich mehr eigene Stücke mache und auch auf Deutsch. Da dachte ich einfach, dass ich einfach diese Mädchen bedenke, welches ich mal war, Roswitha.

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Latour ist mein richtiger Name

Also ist das Album ein Stück weit biografisch?


Nein, das nicht.


Ich meine jetzt gar nicht mal von den Texten, sondern der musikalischen Entwicklung?


Nein, auch nicht, Ich würde eher sagen, das Album zeigt, wo ich jetzt gerade musikalisch stehe.


Ein Lied ist mir in Erinnerung geblieben, „Die Welt steht still“. Da singst du ja über die Pandemie. Ist das Thema noch aktuell für dich? Die CD ist ja gerade erst erschienen…


Ne, das Lied ist tatsächlich auch während der Pandemie entstanden, aber erst jetzt veröffentlicht worden.


Ich finde mich in dem Song komplett wieder, muss ich sagen. Er ist zwar kritisch, aber so unheimlich positiv, zeigt das auf, was auch positiv in der Zeit war.


Ja, genau. Erstaunlicherweise reagieren da viele Leute so drauf und sagen, dass es auch irgendwie schöne Momente und gute Sachen gab.


Was ich da vor allem beschreibe und was ich auch genossen habe, ist so eine Ruhe, wie eine Auszeit. Die ganze Hektik, das ganze „schaffen, schaffen, höher, schneller, weiter…“, setzte so ein bisschen aus und alles wurde heruntergefahren. Das fand ich sehr wohltuend.


Dazu kam ja dann auch noch, gerade am Anfang, die ganze Solidarität unter den Menschen. Natürlich war Corona schrecklich, aber es gab eben auch diese positiven Aspekte.


Hast du musikalische Vorbilder?


Ja, die habe ich, klar. Wenn es um deutsche, chansonmäßige Musik geht, auf jeden Fall Anna Depenbusch, was Jazzgesang angeht, Camille Bertault. Eine sehr virtuose französische Jazzsängerin.


Schon mal zwei…


Ella Fitzgerald finde ich auch immer noch toll und Joni Mitchell liebe ich sehr!


Was steht denn aktuell noch bei dir an? Um noch mal einen Blick in die Zukunft zu werfen.


Jetzt möchte ich möglichst viel mit meiner wunderbaren neuen Begleitband „La Cème brûlée“ und dem Programm vom neuen Album auftreten. Vielleicht auch noch mehr Aufnahmen machen.


Außerdem spiele ich noch in einem Trio mit dem Pianisten Daniel Masuch und dem Kontrabassisten Christopher Kühne. Unser Programm heißt „The other Side of Midnight“ und da singe ich englisch- und französischsprachige Stücke des Komponisten Michel Legrand. In einer super Bigband singe ich auch noch, „Swingin’ Affair“!


Da gibts für unsere Leser ja genug zu hören und erleben! Rosa, vielen Dank für das tolle Interview!

Rosa Latour ist im August 1965 in Münster geboren und macht seit 40 Jahren Musik in diversen Bands mit verschiendensten Stilrichtungen (A Cappella-Pop, Rock, Soul, Jazz, Chanson). In den letzten Jahren widmete die Sängerin sich vornehmlich Soloprogrammen. Dabei begleitet sie sich selbst am Klavier. Im März erschien ihr zweites Soloalbum „Roswitha“. Zusammen mit ihrer neuen Begleitband „La Crème brûlée“ präsentiert das am liebsten live. Außerdem unterrichtet sie Populargesang an der Musikhochschule Münster und auch privat.

Nächste Auftritte:
Sa, 29.06., 19.00 Uhr: Open Air am Speicher 3, Hohenholte,
Sa, 06.07., 19.30 Uhr: Hof Hesselmann Mecklenbeck (bei gutem Wetter Open Air, bei schlechtem Wetter in der Scheune)
www.rosalatour.de

lllustration Thorsten Kambach / Fotos Stephan Günther

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